Drei Viertel von Cyberkriminalität betroffen

Kriminalität: Wie gefährlich ist das Leben in Deutschland?

Eine U-Bahn in München. Fast zwei Drittel der Frauen fühlen sich nachts allein im öffentlichen Personennahverkehr nicht sicher.

Eine BKA-Studie offenbart: Cyberkriminalität und Sexualdelikte kommen häufiger vor, als die offiziellen Statistiken zeigen. Im Alltag fühlen sich die Deutschen trotzdem sicher - aber nicht überall.

Von Markus Balser, Berlin

Wie viele Menschen Opfer von sexueller Gewalt oder Belästigungen werden? Wie viele im Internet übers Ohr gehauen werden? Wie viele Fahrräder in Deutschland aus Hinterhöfen verschwinden? Deutschlands Sicherheitsbehörden führen über alle Anzeigen akribisch Buch. Seit Jahren allerdings fragen sich die Behörden auch, wie groß die Dunkelziffer all jener Fälle ist, die gar nicht erst zur Anzeige gebracht werden. An diesem Dienstag veröffentlichte das BKA zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine neue Studie, die darauf Antworten liefert.

Denn die Behörden haben die Deutschen in den vergangenen zwei Jahren in der groß angelegten Studie "Sicherheit und Kriminalität in Deutschland" über ihre Kriminalitätserfahrungen und ihr Sicherheitsgefühl befragt. Deutschland sei ein vergleichsweise sicheres Land, urteilte das BKA nach Auswertung der Daten - sowohl hinsichtlich der vorgefallenen Taten als auch "im Hinblick auf die von den Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommene Sicherheit".

Die Dunkelziffer ist in einigen Bereichen groß

Allerdings macht die Studie auch klar, dass die Dunkelziffer in einigen Bereichen groß ist. Am größten wohl bei der Cyberkriminalität. In den letzten zwölf Monaten vor der Befragung wurden 13,5 Prozent der deutschen Bevölkerung Opfer einer Straftat im Netz - meist in Form von "Waren- und Dienstleistungsbetrug". Nicht einmal jede fünfte Cybertat wird laut BKA jedoch angezeigt. Das Dunkelfeld sei enorm groß, räumte BKA-Chef Holger Münch ein.

Das bringe große Herausforderungen bei der Verbrechensbekämpfung mit sich, warnten die Ermittler. Es werfe die Frage auf, wie dieser Kriminalitätsbereich stärker sichtbar gemacht werden könne. Auch außerhalb des Netzes sind Betrugsfälle und Diebstähle weit verbreitet. Gut zwölf Prozent der Deutschen gaben jeweils an, in den vergangenen zwölf Monaten beklaut oder betrogen worden zu sein.

Hohe Zahlen weist die Befragung auch bei Sexualdelikten aus. Immerhin sechs Prozent der Frauen gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten Opfer einer solchen Tat geworden zu sein. Das Bundeskriminalamt sieht auch hier das Problem einer hohen Dunkelziffer. Denn selbst bei schweren Vergehen wie sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung liegt die Anzeigenquote nur bei 9,5 Prozent.

Schwere physische Gewaltdelikte wie etwa Körperverletzungen, bei denen Waffen oder Gegenstände eingesetzt wurden (0,5 Prozent bis 0,8 Prozent) sowie schwere Sexualdelikte wie sexueller Missbrauch oder Vergewaltigung (0,3 Prozent), sind der Studie zufolge jedoch selten.

Wegen der zahlreichen Opfererfahrungen sieht das BKA das Sicherheitsgefühl der Deutschen in "bestimmten Bereichen des Alltags in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt". Weniger als die Hälfte der Bevölkerung (46 Prozent) fühlt sich etwa nachts in öffentlichen Verkehrsmitteln sicher. Unter Frauen ist dieser Anteil (33 Prozent) sogar noch deutlich geringer als unter Männern (60 Prozent).

Weit verbreitet ist zudem die Angst, im Internet Opfer von Betrug zu werden. Ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands schätzt das Risiko als hoch ein, selbst Opfer einer solchen Straftat zu werden. Ein Viertel der Deutschen vermeidet deshalb, Geldgeschäfte online abzuwickeln.

Das Gefühl von Unsicherheit im öffentlichen Raum führt dem BKA zufolge auch zu problematischen Folgen. Zum Schutz vor Kriminalität tragen 1,5 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren häufig oder sehr oft ein Messer und 3,8 Prozent Reizgas bei sich. "In absoluten Zahlen bedeutet dies einen erheblichen Bewaffnungsgrad", heißt es in der Studie.

Unterschiedliche Furcht bei Bürgern mit und ohne Migrationshintergrund

Auffällig sei laut BKA, dass Bürger mit einem Migrationshintergrund aus der Türkei oder Polen stärker besorgt seien, Opfer von Kriminalität zu werden, als Personen ohne Migrationshintergrund. Groß sei vor allem die Furcht, Opfer von "Vorurteilskriminalität" zu werden, so die Studie.

Die Studie war ein Mammutprojekt und eine der größten Dunkelfeldstudien, die es in Deutschland je gab. An mehr als 120 000 Deutsche ließ das BKA im Jahr 2020 Fragebögen verschicken. Teilgenommen haben immerhin mehr als 45 000 Bürger. Die Pläne für eine solche Befragung liefen zwar schon seit 20 Jahren, durchgeführt wurde sie bislang nie. In anderen Ländern wie den USA und in Großbritannien werden solche Studien bereits seit einigen Jahrzehnten durchgeführt.

HORIZONTE Podcast: Wie gefährlich ist Cyberkriminalität?

München, 13. November 2019

HORIZONTE, der Podcast von acatech, bringt Zukunft auf die Ohren. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und NGOs beleuchten wir Technologien, die unser Heute und Morgen verändern und unseren Horizont erweitern. In der Pilotfolge zu Cyber Security diskutieren Thomas Tschersich (Deutsche Telekom) und Jörn Müller-Quade (Karlsruher Institut für Technologie) über Sicherheit in der digitalen Welt.

Jetzt reinhören: Pilotfolge zu Cyber Security

Veröffentlicht am 13. November 2019

Dauer: 39 Minuten

Hackerangriffe, Datendiebstahl, Manipulation im Netz und Fake News tauchen immer häufiger in der öffentlichen Diskussion auf. Wie gefährlich ist Cyberkriminalität tatsächlich? Wie können wir uns schützen? Im HORIZONTE Podcast gehen die beiden Sicherheitsexperten Thomas Tschersich und Jörn Müller-Quade auf diese Fragen ein. Abrufbar ist die Pilotfolge auch über SoundCloud.

Unsere IT-Sicherheitsexperten: Thomas Tschersich

Chief Security Officer, Deutsche Telekom Prof. Dr. Jörn Müller-Quade

Karlsruher Institut für Technologie

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Drei Viertel von Cyberkriminalität betroffen

04.01.2023

Drei Viertel von Cyberkriminalität betroffen

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Schadsoftware, Betrug beim Online-Shopping oder Beleidigungen in sozialen Netzwerken – drei von vier Internetnutzerinnen und Internetnutzern (75 Prozent) waren in 2022 von Cyberkriminalität betroffen. 22 Prozent geben an, keine solchen Erfahrungen gemacht zu haben, 3 Prozent wollten dazu keine Angaben machen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 1.014 Personen ab 16 Jahren in Deutschland, die das Internet nutzen. Im Vorjahr hatten 21 Prozent angegeben, nicht von Cyberkriminalität betroffen gewesen zu sein, 2020 waren es noch 34 Prozent, 2019 sogar 40 Prozent. „Wer sich im Internet bewegt, muss damit rechnen, auf Cyberkriminelle zu treffen. Deshalb ist es wichtig, dass alle entsprechende Sicherheitsmaßnahmen treffen – das reicht von der Verwendung sicherer Passwörter über die Installation von Virenschutzsoftware bis zur sparsamen Weitergabe persönlicher Informationen“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Aber auch gesunder Menschenverstand hilft gegen Cyberkriminelle. Wie in der analogen Welt gilt auch im Digitalen: Sind Angebote zum Beispiel von Online-Shops einfach zu gut, um wahr zu sein, sollte man die Finger weglassen. Und wer online von entfernten Verwandten oder Bekannten um Geld gebeten wird, sollte prüfen, ob es sich dabei wirklich um die vorgeblichen Personen handelt.“

Fast die Hälfte der Internutzerinnen und -nutzer berichtet, dass persönliche Daten ungefragt weitergeben wurden (46 Prozent). Viele wurden zudem Opfer von Betrug, sowohl beim Online-Einkauf (29 Prozent) als auch bei Geldgeschäften wie Online-Banking oder dem Missbrauch der eigenen Kontodaten (13 Prozent). Bei rund einem Viertel (27 Prozent) wurde der Computer mit Schadprogrammen wie Viren infiziert, 17 Prozent bemerkten solche Vorfälle auf dem Smartphone. Von Ransomware-Attacken betroffen waren 2 Prozent auf dem Smartphone und 1 Prozent auf dem Computer. Bei 9 Prozent wurden Zugangsdaten zu Online-Diensten ausspioniert, 3 Prozent mussten erleben, wie sich andere Personen online unter ihrem Namen für sie ausgegeben haben. Auch in der direkten Interaktion mit anderen Onlinern gab es zahlreiche strafbare Handlungen. So wurden 23 Prozent im Internet massiv beleidigt oder angegriffen, 9 Prozent sind sexuell belästigt worden – mit 13 Prozent sind hier Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer (6 Prozent).

Online-Kriminalität: Ein Drittel der Opfer reagiert überhaupt nicht

Ein Drittel der Betroffenen (32 Prozent) hat auf die Vorfälle überhaupt nicht reagiert, rund die Hälfte (56 Prozent) hat das Gespräch mit Freunden und Bekannten gesucht und 6 Prozent haben andere auf die Vorfälle aufmerksam gemacht, etwa mit Beiträgen in sozialen Netzwerken. Ebenfalls knapp die Hälfte (47 Prozent) hat sich an das Unternehmen gewandt, das in Zusammenhang mit der kriminellen Aktivität stand, etwa die Social-Media-Plattform, die Bank oder der E-Mail-Anbieter. 18 Prozent haben ihren Account bei dem betreffenden Unternehmen gelöscht oder gekündigt. Rund ein Fünftel (18 Prozent) hat Strafanzeige bei der Polizei gestellt, 9 Prozent haben sich an andere Behörden wie etwa das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) gewandt und 1 Prozent hat einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Praktisch niemand (0,1 Prozent) gibt an, auf Forderungen der Kriminellen eingegangen zu sein. „Wer Opfer eine Straftat wird, sollte sie anzeigen. Häufig ist das auch online möglich“, so Rohleder.

Breite Mehrheit will mehr Einsatz der Polizei gegen Cyberkriminelle

Eine breite Mehrheit der Onliner spricht sich für einen stärkeren Einsatz der Polizei gegen Cyberkriminalität aus. 97 Prozent fordern mehr Geld für spezielle Polizeieinheiten, die gegen Kriminelle im Internet vorgehen. Und 93 Prozent verlangen, dass die Polizei mehr Präsenz im digitalen Raum zeigt. Nur 7 Prozent meinen dagegen, dass das Thema Internetkriminalität in der öffentlichen Debatte übertrieben wird. Rohleder: „Gesetze gelten online ebenso wie offline. Und genauso muss der Staat die Menschen online ebenso vor Kriminalität schützen wie offline.“

Tracey is the Contributing Editor for Foodies100, Tots100, Hibs100 and Trips100. She also blogs at PackThePJs. Tracey writes mainly about family travel; from days out to road trips with her pet dogs, to cruises and long-haul tropical destinations. Her family consists of her husband Huw, a medical writer, Millie-Mae (14), Toby (12) and Izzy and Jack the spaniels