10.09 Strafverfolgung in der digitalen Welt

Internetkriminalität verursacht Millionenschaden

Potsdam - Die Internetkriminalität bleibt in Brandenburg auf einem hohen Niveau. Nach Angaben des Polizeipräsidiums Potsdam gingen die im Land verübten Straftaten 2014 mit 9790 registrierten Fällen zwar gegenüber dem Vorjahr leicht um 3,6 Prozent zurück. Gleichzeitig nahmen jedoch die bekannt gewordenen „Cybercrime“-Akte, die im Ausland mit einem Ziel in Brandenburg gestartet wurden, um fünf Prozent von 5322 auf 5589 zu. „Die strafrechtliche Verfolgung derartiger Delikte wird zunehmend schwieriger“, sagte Polizeisprecher Dietmar Keck. Mittlerweile werde rund ein Drittel der hierzulande bekannt gewordenen Internetstraftaten im Ausland begangen. Die Täter entwickelten immer raffiniertere Methoden.

Mit 4400 ermittelten Tatverdächtigen sind Keck zufolge 2014 fast 150 Internetkriminelle mehr am Werk gewesen als 2013. Darunter seien in der Kriminalstatistik 249 Nichtdeutsche registriert, 18 Tatverdächtige mehr als im Vorjahr. Die meisten stammten aus Polen, der Türkei, Russland, Österreich und der Ukraine.

„Heutzutage agieren nicht mehr nur hochspezialisierte Einzeltäter, sondern vermehrt auch Kriminelle ohne spezielles Fachwissen, die zum Beispiel in Hackerforen arbeitsteilig zusammenwirken“, beschrieb Keck die Täterprofile. Neben dem Know-how für Betrugshandlungen im eigentlichen Sinne stellten Spezialisten auch entsprechende Werkzeuge bis hin zur kompletten kriminellen Infrastruktur bereit. Diese würden von den Betrügern gekauft oder gemietet. „Solche Werkzeuge sind aufgrund ihrer einfachen Handhabung auch für Täter ohne fundierte IT-Spezialkenntnisse nutzbar“, so Keck.

Auf dem Warenkreditbetrug oder dem Ausspähen sensibler Daten liegt nach wie vor der Schwerpunkt von Cybercrime. Zunehmend geht es aber auch um Beleidigungen in sozialen Netzwerken. Den jährlich durch Internetkriminalität in der Mark entstandenen Schaden bezifferte die Polizei für 2014 auf rund drei Millionen Euro.

Um den Verbrechern das Handwerk zu legen, ist 2012 für Unternehmen und Behörden die Zentrale Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) im Landeskriminalamt eingerichtet worden. Dort werden sowohl Informationen zu Cyber-Attacken und Sicherheitsrisiken als auch Verhaltensratschläge ausgetauscht. Vor einigen Jahren haben die drei Industrie- und Handelskammern (IHK) im Land einen Arbeitskreis für Unternehmenssicherheit (AKUS) gegründet. Dort sind bis zu 60 Unternehmen,teils aus der Sicherheitsbranche, vernetzt. Auch zur ZAC bestehen Kontakte.

Die Aufklärungsquote solcher Delikte liegt laut Kriminalstatistik bei knapp 85 Prozent. Bei den gesondert betrachteten Auslandsstraftaten konnten 2014 jedoch nur etwas über fünf Prozent aufgeklärt werden. „Aufgeklärt heißt aber nicht, dass Sie auch der Täter habhaft werden“, sagt AKUS-Geschäftsführer Thomas Herrschelmann. Das setze Abkommen mit den Herkunftsländern der Täter voraus. Wichtig sei, dass sich Geschädigte schon beim Verdacht, einer Cyberattacke zum Opfer gefallen zu sein, bei den entsprechenden Stellen meldeten und möglichst keine Spuren verwischten. Herrschelmann empfahl eine Sensibilisierung aller Mitarbeiter auf dem Gebiet. Manche Unternehmen scheuten gerade aufgrund der Furcht vor Cyberkriminalität das Internet, was jedoch übertrieben sei.

„Die wenigsten reden darüber, dass sie erfolgreich angegriffen wurden“, erklärte Friedrich Holl von der Fachhochschule Brandenburg/Havel, wo ein spezieller Studiengang „Security Management“ angeboten wird. Holl sprach von einem großen Schweigekartell, weil Betroffene häufig Angst davor hätten, dass ein bekannt gewordener erfolgreicher Hackerangriff schlecht für das Image sein könnte.

Ermittlungserfolg: Nächster Schlag gegen illegales Cybertrading

Durch den organisierten Betrug auf Online-Handelsplattformen verlieren leichtgläubige Privatanleger jedes Jahr mehrere Milliarden Euro. Vor wenigen Tagen haben deutsche Staatsanwälte und Polizeibeamte die Pläne von internationalen Drahtziehern des betrügerischen „Cybertrading“ durchkreuzt. Wie die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) aus Bamberg und diverse Polizeibehörden aus Bayern am Mittwoch mitteilten, wurden schon am 19. Oktober in Georgien und Israel 11 Haftbefehle erfolgreich vollstreckt und insgesamt 15 Gewerbeobjekte durchsucht. Gemeinsam mit den lokalen Polizeibehörden wurden acht Männer und drei Frauen im Alter zwischen 27 und 47 Jahren festgenommen.

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Nach Auffassung der Staatsanwälte der ZCB, das auf die strafrechtliche Verfolgung von Internetkriminalität spezialisiert ist, handelt es sich um die Führungsgruppe einer kriminellen Organisation, die Privatanlegern auf der ganzen Welt vortäuschte, Online-Plattformen gewinnbringend Gelder anlegen zu können. Faktisch sei es den Beschuldigten, die sich einem möglichen Strafprozess wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs werden stellen müssen, aber allein um die Gelder der arglosen Anleger gegangen. Ein Gesamtschaden sei derzeit noch nicht sicher abschätzbar, hieß es am Mittwoch. Er dürfte sich aber „mindestens auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag“ belaufen.

Handel mit Ausfallrisiko

Wie in anderen Ermittlungskomplexen spiegelten die Verdächtigen potentiellen Kunden vor, über digitale Plattformen mit hochriskanten Finanzinstrumenten wie Contracts for Differences (CFD), Forex und Kryptowährungen handeln zu können. Dieser Handel sogenannter binärer Optionen war, unter Einsatz von Software, bis vor wenigen Jahren zum Beispiel in Israel geduldet, wurde dann aber untersagt. Seitdem haben diese Unternehmen und deren Hintermänner ihrer Aktivitäten nach Zypern und Südosteuropa verlagert. Die BaFin warnt Verbraucher seit Jahren vor dem Handel auf dubiosen Internetseiten.

Laut bisherigen Erkenntnissen der Ermittler fand eine Investition oder eine Platzierung von Optionen sowie eine spätere Gewinnausschüttung an Kunden nie statt. In einer Vielzahl von Fällen komme es nach einzelnen missglückten angeblichen Trades zu einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals, sind sich die bayerischen Staatsanwälte sicher. Ausgangspunkt für den jetzigen Ermittlungserfolg war die Strafanzeige eines Privatanlegers aus der Oberpfalz, der im Oktober 2018 Geld über die Plattform GetFinancial investiert hatte. Daraufhin nahmen die ZCB und die Polizeibehörden ihre Arbeit auf und konnten die Betreiber eines Callcenters in Georgien ermitteln. In Parallelverfahren gingen Kriminalbeamte Verdachtsfällen auf den Trading-Plattformen ProCapitalMarkets und MyCoinBanking nach.

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In Abstimmung mit Eurojust, der europäischen Agentur für Zusammenarbeit in Strafsachen, konnten so Kontakt mit Strafverfolgern in Israel und Georgien aufgenommen werden. Das Amtsgericht Bamberg erließ die erforderlichen Durchsuchungs- und Haftbefehle. In Tiflis unterstützte die Generalstaatsanwaltschaft das Vorhaben. Die ZCB plant, die Behörden in Israel und Georgien um Auslieferung der Festgenommen zu ersuchen.

Hohe Dunkelziffer in ganz Europa

Die Spezialeinheit stellte klar, dass die aktuellen Maßnahmen nicht im Zusammenhang mit anderen Verfahrenskomplexen stehen. Im Juli 2021 veranlasste die ZCB Festnahmen und Durchsuchungen in Bulgarien. Zudem erhoben die Strafverfolger Anklage gegen einen Israeli, der als enger Vertrauter des „Wolf of Sofia“ gilt. Allein diese Gruppe von Kriminellen solle Zehntausende Anleger möglicherweise um bis zu 200 Millionen Euro betrogen haben.

Die Ermittler sprechen von einem „Deliktsphänomen“. Sie gehen von zahlreichen weiteren Geschädigten in ganz Europa aus. Das Dunkelfeld sei beträchtlich, da vielen Anlegern das (vermeintlich) hohe Verlustrisiko der gewählten Investmentart bekannt sei und sie irrtümlich davon ausgehen würden, dass sich eben dieses Risiko verwirklicht habe, schreiben ZBC und Polizeipräsidien in einer Mitteilung.

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Erst vor zwei Wochen hatten Staatsanwälte aus Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern einen großangelegten Betrug auf der Handelsplattform Fx-Leader aufgedeckt. Es wurden Büros auf Zypern, in Bulgarien und der Ukraine durchsucht, ein Verdächtiger wurde vorübergehend festgenommen. In diesem Fall schätzen die Fahnder den jährlichen Schaden für Anleger aus ganz Europa auf bis zu 500 Millionen Euro.

10.09 Strafverfolgung in der digitalen Welt

10 Digital Crimes

Schwer fassbare Täter

Die Strafverfolgung in der digitalen Welt ist für die Behörden eine grosse Herausforderung. Insbesondere über das Internet wird ortsunabhängig und weltweit delinquiert. Kommt dazu, dass die Täterinnen im Internet in vielen Fällen entweder von Ländern aus agieren, die keine oder eine praktisch nicht vorhandene Strafverfolgung haben, oder sogar anonym handeln.

Massendelinquenz – Law and Order by Design

Zudem gibt es mittlerweile z.B. im Bereich des Urheberrechts und der verbotenen Gewaltdarstellungen und der verbotenen Pornografie eigentliche Massendelikte. So hat z.B. gemäss Medienberichten die äusserst populäre (Alexa-Welt-Ranking # 79) und im Clearnet abrufbare Porno-Plattform «Pornhub» nach schweren Vorwürfen im Dezember 2020 fast 9 Millionen Pornos entfernt. Auch wenn man davon ausgeht, dass nur ein Teil dieses Contents wirklich illegal war, haben sich in Ländern, wie z.B. der Schweiz, wo auch nur schon das Betrachten dieses Contents kriminell ist, wohl Millionen von User theoretisch strafbar gemacht. Es ist evident, dass es weitaus sinnvoller ist, mittels Upload-Filter und Content-Scans illegale Inhalte zu blockieren oder zu löschen, statt Millionen von aufwändigen Strafverfahren gegen einzelne User durchzuführen. Dies gilt auch für die Millionen von Urheberrechtsverletzungen, insbesondere bei in der Schweiz telquel geschützten Fotografien, durch das Teilen auf den Social Media. In all diesen Bereichen braucht es, wie im Datenschutz, «Law and Order by Design». D.h. die digitalen Systeme müssen von Gesetzes wegen so entworfen und gebaut werden, dass eine Delinquenz schon gar nicht möglich ist; wie eben z.B. durch Upload-Filter und Content-Scans.

Sachliche/örtliche schweizerische strafrechtliche bzw. -prozessuale Zuständigkeit

Sachliche Zuständigkeit

Gemäss Art. 3 Abs. 1 des schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) ist der schweizerischen Strafbarkeit generell unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen (Art. 10 Abs. 1 StGB: Tat, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht ist) oder ein Vergehen (Art. 10 Abs. 2 StGB: Tat, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht ist) begeht. Ein Verbrechen oder ein Vergehen gilt gemäss Art. 8 StGB dann als in der Schweiz begangen, wenn der Täter es in der Schweiz ausgeführt hat oder in der Schweiz pflichtwidrig untätig blieb, und, wenn der Erfolg der Tat in der Schweiz eingetreten ist.

Art. 4 ff. StGB führen weitere spezielle sachliche Zuständigkeiten der schweizerischen Strafverfolgung auf.

Örtliche Zuständigkeit

Nach Art. 31 Abs. 1 der schweizerische Strafprozessordnung (StPO) sind die schweizerischen Behörden für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat zuständig, wenn entweder der Handlungs- oder der Erfolgsort in der Schweiz liegt.

Wenn sich also ein Krimineller aus dem Ausland in die Rechner einer Unternehmung in der Schweiz hackt, ist dies nach schweizerischem Recht strafbar und die schweizerischen Behörden sind in der Sache örtlich zuständig. Wer sich umgekehrt von der Schweiz aus mit einem widerrechtlich geteilten oder geklauten Passwort den Zugang zu einem Dienst, wie Netflix, auf einem ausländischen Rechner verschafft, kann sich in diesem Land strafbar machen und in diesem Land durch die Behörden verfolgt werden.

Strafverfolgung durch Kantone als Achillesferse

Die Achillesferse der schweizerischen Strafverfolgung ist der Umstand, dass diese im Wesentlichen den Kantonen obliegt. Strafverfolgung in der digitalen Welt verlangt aber nach ganz spezifischem Know-how sowie entsprechender technischer Mittel. Zudem haben viele Delikte in der digitalen Welt typischerweise einen Auslandsbezug. Diesbezüglich sind insbesondere kleinere Kantone überfordert, auch wenn auch diese in diesem Bereich laufend aufrüsten. Immerhin erhalten sie vom Bundesamt für Polizei fedpol und dem Nationalen Zentrum für Cybersicherheit (NCSC) Unterstützung. Die Kantone selbst koordinieren die Bekämpfung der Internetkriminalität im Rahmen des Netzwerks digitale Ermittlungsunterstützung Internetkriminalität (NEDIK).

10 Digital Crimes

Tracey is the Contributing Editor for Foodies100, Tots100, Hibs100 and Trips100. She also blogs at PackThePJs. Tracey writes mainly about family travel; from days out to road trips with her pet dogs, to cruises and long-haul tropical destinations. Her family consists of her husband Huw, a medical writer, Millie-Mae (14), Toby (12) and Izzy and Jack the spaniels